Portrait Nr. 29

Constantin Brancusi

Moderner Bildhauer, Wegbereiter, Freigeist. "Einfachheit ist geklärte Komplexität". INSPIRIEREND.

Mar 22, 2020
Verfasst von:
Alice

Ich bin jedes Mal aufgeregt, wenn ich einen Blog zu einem neuen Porträt schreibe, aber heute kennt meine Vorfreude schier keine Grenzen! Im Ernst. Ich verehre diesen Mann. Dass er aus Rumänien stammt, ist, nun ja, muss ich zugeben, ein Bonus. Rumänien ist ein kleines Land, und meine Landsleute haben oft nicht den besten Ruf. Ich selbst habe aufgrund dessen einige unangenehme Situationen erlebt.

Meine Verliebtheit in Brâncuși ist aber kein Einzelfall. Sie liegt sozusagen in der Familie. Meine Mutter war die erste, die ihm und seiner Arbeit verfiel. Ich war ungefähr zehn, als ich sie am Tisch der Stille in Târgu Jiu sitzen sah, einer von drei Skulpturen, die er für die Stadt geschaffen hat. Sie erzählte mir von der Kraft und Ehrfurcht, die sie dort verspürte. Und davon, was für ein großartiger Mann er war, ein echter Mann. Damals (kurz bevor der eiserne Vorhang fiel) schien ein „echter Mann“ das zu sein, was sich jede Frau als Ehemann wünschte, aber nie bekam.

"Weit zu blicken ist das eine. Sich dahin zu begeben, das andere." (Constantin Brancusi)

Zurück zu Brâncuși. Ich fragte eine meiner besten Freundinnen, die ihn ebenfalls bewundert, warum sie ihn und sein Werk so sehr liebt. Sie antwortete mir Folgendes:

"Brâncuși is #forever. Die größten Glücksmomente in meinem Leben entspringen diesen drei Quellen: 1) meine Hunde 2) James Joyce 3) Brâncuși - einmal wegen seiner Schriften, dann wegen seiner Skulpturen, denen ich in den Museen der Welt hinterher jage.

Das mag ich an so diesem Mann. Er war glücklich und weise. Über seine Arbeit sagte er: ,Sucht nicht nach einem verborgenen Sinn. Ich gebe Euch pure Freude.’ Er lief zu Fuß von Târgu Jiu nach Paris. Er wurde in Rodin‘s Atelier angenommen, verließ es aber mit der Bemerkung, dass im Schatten mächtiger Bäume nichts wachsen könne. Er unterhielt stürmische Liebesbeziehungen zu Maria Tănase & Peggy Guggenheim. Frank Gehry sagte über ihn: ,Brâncuși hatte mehr Einfluss auf meine Arbeit als die meisten Architekten’.

“Arbeite wie ein Sklave; befehle wie ein König; erschaffe wie ein Gott. (Constantin Brancusi)

An seinen Skulpturen mag ich die radikale Einfachheit der Formen; seine Vorliebe für kühne Vertikalen, Stapelungen entlang einer senkrechten Achse, ,dem Göttlichen entgegenstrebend’, wie er es formulierte; seine Versuche mit der Unendlichkeit des Raums; die Leuchtkraft seiner Skulpturen - schon beinahe zwanghaft polierte er seine metallenen Objekte auf der Suche nach dem inneren Licht.“

“Einfachheit ist kein Ziel in der Kunst, aber man kann Einfachheit trotz seines Selbst erreichen, indem man sich in den realen Sinn der Dinge begeht." (Constantin Brancusi)

Selbst hätte ich es nicht so gut ausdrücken können wie diese Freundin. Ich konnte es tatsächlich nicht, aus diesem Grund bat ich sie darum.

Ich kann zwar nicht auf diese Weise über Kunst sprechen, aber ich kann so fühlen. Stehe ich vor einer von Brâncușis glänzend polierten Skulpturen, weiten sich meine Augen und meine Lippen formen sich zu einem breiten Lächeln. Ein Prickeln läuft durch meinen Körper und mein Herz beginnt, schneller zu schlagen. Das ist keine Übertreibung, so reagiert mein Körper auf diese perfekten Kombinationen von Form und Materie. Brâncuși schuftete wie ein Sklave und erschuf wie ein Gott. Nur so kann man mit seiner Arbeit solch erstaunliche Reaktionen hervorrufen.

Was den Teil des oberen Zitats „befehle wie ein König’“ betrifft, erzählt man sich diese unterhaltsame Anekdote über ihn und Rockefeller, welcher ein großer Bewunderer seiner Kunst war. Als Rockefeller Brâncuși in dessen Atelier aufsuchte, fragte er den Künstler, was er für ihn tun könnte, z. B. Möbel kaufen oder etwas anderes. Brâncuși antwortete: „Nimm den Besen und fege einmal durch.“ Mike drop!

"Theorien sind wertlose Muster. are patterns without value. Was zählt ist das Tun." (Constantin Brancusi)

Ein paar Fakten und Informationen zum Text:

Die Strecke von Târgu Jiu in Rumänien nach Paris, Frankreich, beträgt fast 2000 km. Er lief beinahe die gesamte Strecke zu Fuß. Manchmal musste er unterwegs längere Pausen einlegen, um Geld zu verdienen. Er litt unter Hunger und Krankheit und hatte oft kein festes Dach über dem Kopf. Aber er schaffte es.
Den Bildhauerinnen in seiner Werkstatt gab er männliche Namen. Er meinte, Frauen dürfte man nicht maßregeln, und die Verwendung männlicher Namen erleichterte dies. Die Frauen waren nicht begeistert.
Maria Tănase: berühmte rumänische Folksängerin.
Peggy Guggenheim: berühmte Mäzenin, Kunstliebhaberin und Liebhaberin von Künstlern.
Frank Gehry: einer meiner Lieblingsarchitekten.
Rockefeller: ja genau, der Rockefeller, der erste Milliardär der Menschheitsgeschichte.